Unsere Regeln für die Refeeding-Gruppen (Kind unter 18)

Unsere Regeln für die Teilnahme an den Refeeding-Gruppen, wenn dein Kind jünger als 18 Jahre ist

In unseren Refeeding-Gruppen geht es nicht um Beratung, Therapie oder Coaching durch die Gruppen-Moderator:innen. Es geht vielmehr darum, dir einen schnellen und einfachen Austausch mit anderen Eltern zu ermöglichen, die sich gerade in einer ähnlichen Situation befinden.

Die Grundprinzipien, die die Moderatorinnen in den Gruppen vermitteln, orientieren sich an der S3-Richtlinie zur Behandlung von Essstörungen und an dem, was anderen Eltern im Netzwerk bei der Pflege und Betreuung ihrer erkrankten Kinder geholfen hat.

Pflege und Betreuung unseres an Anorexie erkrankten Kindes bringt Eltern und auch die Kinder und Geschwister an Grenzen. Das geht nur, wenn man für sich selbst klar hat, wo diese Grenzen liegen. Es gibt gute Gründe, wann Betreuung und Pflege zu Hause nicht mehr sicher möglich sind.

Wenn der Krankheitsverlauf schon weit fortgeschritten ist oder bereits ein sehr großer Gewichtsverlust vorliegt, dann kann eine vorübergehende Stabilisierungsphase in einer Klinik unumgänglich sein. Das ist kein persönliches Versagen, Magersucht ist eine verheerende Krankheit. Das gleiche gilt, wenn die Belastungen für alle Familienmitglieder, Kinder, Geschwister und Eltern nicht mehr zumutbar sind.

Auch Gewalt oder Missbrauch, schwere Erkrankungen anderer Familienmitglieder oder Ähnliches machen ein Betreuen und Pflegen zu Hause manchmal unmöglich.

Bitte beachte, dass wir eine Selbsthilfegruppe für Anorexie und für andere Krankheiten und Co-Morbiditäten keine Experten sind. Alle Helfer:innen im Netzwerk arbeiten ehrenamtlich und als Laien mit und versuchen so, euch eine zusätzliche Hilfe zu Ärzt:innen und Therapeut:innen zu bieten.

Wenn du an unseren Refeeding-Gruppen teilnehmen möchtest, dann mache dir bitte klar, dass das nur geht, wenn du folgende Punkte akzeptieren und mittragen kannst:

1. Persönliche Vorstellung ✔

Bitte stelle dich in der Gruppe, die meist weniger als 10 teilnehmende Familien hat, vor.

Umreiße dabei kurz deine Situation:

  • Wer bist du?
  • Wer gehört zu deiner Familie?
  • Wer ist Patient:in?
  • Größe/Gewicht/Alter?
  • Welche Situation besteht aktuell?

Die anderen Teilnehmer werden dich begrüßen und sich ebenfalls vorstellen.

Anonymität wird durch Weglassen von Nachnamen und genauen Wohnort gewährleistet. Wir sind alle mit unserem Signal-Namen (Vorname plus nächstgrößere Stadt) in den Gruppen unterwegs.

2. Moderator:innen ✔

n jeder Gruppe gibt es drei ehrenamtliche Moderator:innen. Sie begleiten den Austausch, sind aber nicht die einzigen, die dir Tipps geben können. Die Gruppe lebt vom Austausch miteinander.

Die Moderator:innen in den Gruppen sind erfahrene Eltern und helfen, unseren Erfahrungsschatz zwischen den Gruppen zu teilen. Sie haben keine medizinische oder therapeutische Ausbildung und ersetzen daher auch keine ärztliche und therapeutische Behandlung.

Die Verantwortung für dein Handeln liegt jederzeit bei dir und du entscheidest, ob und wie du Tipps und Anregungen aus den Gruppen übernimmst und was für eure Situation passend ist.

3. Austausch in den Refeeding-Gruppen ✔

Die Refeeding-Gruppen leben vom aktiven Austausch. Daher eignen sie sich für Eltern, die gerne und regelmäßig mit anderen interagieren und auch eigene Erfahrungen teilen. Ein reines Mitlesen ist in den Refeeding-Gruppen nicht erwünscht.

Dafür haben wir unsere "Q&A Am Esstisch" Gruppe für Eltern, die nur Informationen bekommen möchten ohne aktiven Austausch. Jede:r entscheidet selbst, wie viel von der eigenen Situation berichtet wird. Grundsatz ist, je mehr wir wissen, desto besser können wir helfen.

Uns ist bewusst, dass die Zeit gerade am Anfang sehr knapp ist, auch kurze Impulse können helfen. Die Art des Austausches in einer Refeeding-Gruppe mit dir unbekannten Personen ist am Anfang vermutlich ungewohnt.

Du bist freiwillig dabei und kannst jederzeit gehen. Versuch es einfach. Durch die gleiche Lebenssituation wirst du absolutes Verständnis erhalten.

4. Wochenstatus ✔

Wichtig ist für uns, dass du anfangs wöchentlich einen kurzen Rückblick gibst (Gewicht, Größe, Zunahme und ggfs. besondere Verhaltensweisen, die dir Sorgen oder Freude bereiteten), damit wir uns besser kennen lernen und wissen, wie es bei dir zu Hause läuft.

Vertrauen funktioniert nur auf Gegenseitigkeit und wenn wir unsere Erfahrungen mitteilen. Ehrlichkeit ist dafür Voraussetzung. Niemandem ist geholfen, wenn wir uns gegenseitig etwas vormachen. Nur, wenn wir über unsere Baustellen reden, können wir uns gegenseitig helfen.

Wenn dein Kind es über die 25. BMI-Perzentile geschafft hat, dann passt auch ein Mindest-Update alle zwei Wochen.

5. Therapeut:innen ✔

Du wirst auf deinem Weg wahrscheinlich von Therapeut:innen begleitet. Du wirst sowohl von Fachleuten als auch von deinem privaten Umfeld sehr unterschiedliche und abweichende Methoden kennenlernen und andere Meinungen hören.

Wir können nur aus unserer und der Erfahrung von Hunderten von Familien sprechen. Wir sind keine Therapeut:innen. Du musst am Ende den für deine Familie passenden Weg gehen.
Bitte nimm unsere Erfahrungen als Ideensammlung und suche dir heraus, was für dich passt. Sprich gerne Probleme/Themen offen in den Gruppen an, damit wir darauf eingehen können.

In unseren Refeeding-Gruppen sind Eltern, die sich an familienbasierten Ansätzen orientieren und sich zu diesem Thema austauschen möchten. Wenn unser Ansatz für deine Situation nicht passen sollte, gib uns eine Rückmeldung und suche dir alternative Hilfsangebote.

6. Gewicht ✔

Unser gemeinsames Ziel ist es, dir dabei zu helfen, dein Kind zurück auf ein individuelles gesundes Gewicht zu bringen. Die meisten Eltern im Netzwerk haben mit einem Gewicht um BMI-Perzentile 40+ (nach KiGGS) gute Erfahrungen gemacht und nutzen das als Orientierung.

Bei einem Teil der Kinder ist es für eine Genesung notwendig, die 50. BMI-Perzentile zu überschreiten. Ein Zielgewicht dauerhaft unter der 25. BMI-Perzentile (KiGGS) können wir in der Gruppe nicht mittragen.

Wichtig ist uns "state not weight" - Verhalten zählt, nicht das Gewicht. Wir unterstützen keine Chronifizierung. Dazu ist es nötig, dass das Gewicht stets zunimmt, bis sich das Verhalten normalisiert hat.

Stagnation auf zu tiefem Gewicht ohne eine Normalisierung des Verhaltens fördert die Chronifizierung. Wenn unsere Ziele nicht mit deinen Vorstellungen übereinstimmen, dann gib uns Bescheid, wir helfen dir gerne, andere Hilfsangebote und Therapieansätze zu finden.

7. Gewichtszunahme ✔

Du solltest eine Gewichtszunahme von mindestens 500 Gramm pro Woche anstreben. Höhere Gewichtszunahmen sind möglich. Moderne Forschungsergebnisse zeigen, dass eine rasche und konsequente Zunahme den Heilungsprozess fördert.

Eine zügige Gewichtswiederherstellung innerhalb von 3-6 Monaten ist eines der Kernprinzipien von familienbasierten Ansätzen und wird auch in den S3-Richtlinien empfohlen. Eine schnelle Gewichtszunahme und Gewichtswiederherstellung schaden deinem Kind nicht oder seiner Beziehung zu dir. Im Gegenteil - diese Erfahrung machen wir jeden Tag!

Eine zügige Gewichtswiederherstellung verhindert nach unserer Erfahrung Pflegeburnout bei den Eltern und Refeeding-Burnout bei den Kindern. Zudem können wir unseren Kindern auch schneller wieder Autonomie zurückgeben.

8. Klinik ✔

Sollte das Gewicht unter 3. BMI Perzentile fallen, dann ist ein Klinikaufenthalt in der Regel die notwendige Konsequenz. Der körperliche Zustand deines Kindes sollte ärztlich begutachtet und bewertet werden.

Unter diesem Gewicht besteht eine akute Gefährdung von Leib und Leben und die gesundheitlichen Risiken für die Pflege und Begleitung zu Hause sind zu groß.

Gerne kannst du weiter in einer Klinik-Gruppe bleiben, solange dein Kind stationär aufgenommen ist. Hier findest du Hilfe rund um das Thema Klinikaufenthalt und kannst dein weiteres Vorgehen planen.

Ein Klinikaufenthalt bedeutet nicht, dass zu einem späteren Zeitpunkt nicht erneut zu Hause erfolgreich betreut und übernommen werden kann. Wenn du nicht bereit bist, dein Kind in diesem lebensbedrohlichen Untergewicht in eine Klinik zu bringen, dann können wir dich im Netzwerk nicht weiter unterstützen.

9. Psychische Probleme ✔

Wenn dein Kind sich suizidal äußert (den Wunsch zu sterben, tot zu sein oder sogar sehr konkret, wie es sich umbringen will), dann ist ab diesem Zeitpunkt eine 24/7-Überwachung notwendig, auch nachts. In diesem Fall wendest du dich als Notfall an eure.n Ärzt:in, Therapeut:in oder Psychiater:in und lasst dort klären, ob es sich um suizidale Tendenzen oder akute Suizidalität handelt und ob und wie eine weitere Betreuung zu Hause möglich ist.

Dein Kind darf in diesem Fall keinerlei Gelegenheit haben, sich etwas anzutun, und alle Gefahren im Haus müssen sofort abgesichert werden. Sämtliche Medikamente (auch vermeintlich "harmlose"), Küchenmesser, Werkzeuge und Gifte (Alkohol/Zigaretten, Insekten-/Rattengift) verschließen, Türen und Fenster sichern, damit das Kind nicht unbeobachtet weglaufen kann. Im Bad auf Rasierer, Scheren, Nagellackentferner etc. achten und während des Kindes dort ist, wegschließen.

Wir sind keine Experten für dieses Thema und die Verantwortung liegt bei euch Eltern und dem Behandlungsteam.

10. Begleitung durch eine:n Haus-/Kinderärzt:in ✔

Bedingung für die Mitgliedschaft in unseren Gruppen ist die regelmäßige ärztliche Begleitung. Wir unterstützen ausdrücklich nicht ohne regelmäßige, somatische Überwachung durch Haus- oder Kinderärzt:in.

Anorexie ist eine lebensbedrohliche Erkrankung und ihr tragt als Eltern die medizinische Fürsorgepflicht, eure Kinder ärztlich begleiten zu lassen.

11. Ernährung ✔

Wir raten dazu, dass in der Familie während der Erkrankung der Kinder niemand restriktiv (Low Fat, Low Carb, Interfallfasten, Vegetarisch/Vegan) isst oder Diäten macht da, für die Heilung der Kinder eine möglichst restriktionsfreie Umgebung hilfreich und notwendig ist.

Wir unterstützen in unseren Refeeding-Gruppen keine vegane Ernährung von an Anorexie erkrankten Kindern und Jugendlichen. Die Anforderungen an Ernährung und Mengen sind im häuslichen Setting, ohne entsprechende fachliche und medizinische Begleitung, nicht sicher zu gewährleisten.

Dies ist ausdrücklich keine Ablehnung von veganer oder vegetarischer Ernährung insgesamt, sondern nur auf die besonderen Anforderungen der erkrankten Kinder bezogen. Echte Lebensmittelallergien und medizinisch notwendige Sonderernährung sind hiervon natürlich ausgenommen.

12. Liebe und Mitgefühl ✔

Die bedingungslose Liebe und Akzeptanz unserer Kinder ist unser wichtigstes Werkzeug. Kein Urteilen, keine Schuldzuweisungen, kein Beschämen des Kindes.

Mit bedingungsloser Liebe und Akzeptanz nehmen wir unsere Kinder so, wie sie jetzt gerade sind, selbst wenn sie - oder besser noch: besonders wenn sie - abweisend und aggressiv sind. Dein Kind darf unter keinen Umständen beschämt oder in ihrer Würde herabgesetzt werden.

Jede Form von Gewalt gegenüber den Kindern, egal ob körperlich oder psychisch, ist nicht akzeptabel. Solltest du als Elternteil merken, dass du oder dein Partner an Grenzen kommt, sprich es bitte offen an und suche dir Hilfe bei Therapeut:innen, Jugendämtern oder Beratungsstellen.

13. Externalisieren ✔

Wir vertreten die Ansicht, dass es wichtig ist, sein Kind von der Krankheit zu trennen. Das Externalisieren der Krankheit ist eine zentrale Komponente, um zu Hause erfolgreich zu pflegen und betreuen:

Es bedeutet, dass der junge Mensch nicht für die Erkrankung verantwortlich gemacht werden darf. Die Erkenntnis und das Wissen darum, dass nicht dein Kind für die Krankheit verantwortlich ist, sondern dass die Krankheit dein Kind kontrolliert, wird dir schnell helfen, mit der aktuellen Situation besser umgehen zu können.

14. Schuldfalle ✔

Du kannst deinem Kind nur helfen, wenn du nicht in die "Bin ich schuld?"-Falle trittst. Du bist jetzt die größte Ressource für dein Kind, nicht sein Problem!

Mit einem an Magersucht erkrankten Kind zuhause wird jede Familie erst einmal zu einer dysfunktionalen Familie. Dies gilt ausdrücklich nicht, wenn Gewalt und Missbrauch in der Familie Thema ist, dann sind wir nicht der richtige Ansprechpartner und ihr braucht Hilfe vor Ort und von Expert:innen.

15. Umgang in den Refeeding-Gruppen ✔

Die Moderator:innen begleiten die Gruppen und achten darauf, dass keine gefährlichen oder falschen Ratschläge ausgetauscht werden. In diesem Fall greifen sie in die allgemeine Diskussion ein.

Die Moderator:innen tauschen sich regelmäßig untereinander aus, um sich gegenseitig zu beraten und neue Impulse zwischen den Gruppen auszutauschen.

Du gibt mit dem Eintritt in die Refeeding-Gruppe dein Einverständnis, dass ggfs. Themen von dir in Moderator:innen-Gruppen oder Supervisionen (anonymisiert) besprochen werden.

16. Datenschutz ✔

Wir geben keine Details aus den Gruppen an Dritte weiter und erwarten das auch von dir. Der Austausch von Bildern, die kranke Kinder zeigen, oder von vertraulichen Dokumenten wie Krankenakten ist in den Gruppen nicht erlaubt.

Die Weiterleitung von Chatnachrichten ist nur mit Einverständnis der/s Autor:in erlaubt. Alles weitere regelt unsere Datenschutzerklärung, die alle unterschrieben haben.

Es ist ohne deren Zustimmung explizit nicht erlaubt, Netzwerk-Kontakte in einem anderen Kontext zu nutzen.

Bitte beachte die Datenschutzhinweise des Vereins:
https://elternnetzwerk-magersucht.de/helpdesk/datenschutz-merkblatt

17. Netiquette ✔

Du achtest bei deinen Beiträgen auf einen fairen und höflichen Ton und bleibst sachlich. Du behandelst alle anderen Gruppenmitglieder stets so, wie du selbst behandelt werden möchtest.

Lasse anderen Gruppenmitgliedern ihre Meinungen und versuche nicht, deine Meinung anderen aufzuzwingen.

Beiträge, die Beleidigungen, Obszönitäten, persönliche Angriffe, gewaltverherrlichende, rassistische, antisemitische, homophobe, sexistische oder anderweitig diskriminierende oder hasserfüllte Äußerungen enthalten, führen zu einem sofortigen Ausschluss aus der Gruppe und dem Netzwerk.

18. Ausschluss durch das Netzwerk ✔

Die Moderator:innen haben das Recht zu entscheiden, wenn jemand die Gruppe verlassen muss, z.B. wenn jemand die Gruppe nicht mehr nutzt oder das Gefühl aufkommt, die betroffene Familie braucht mehr Hilfe, als wir online leisten können. Und letztlich immer dann, wenn die hier beschriebenen Gruppenregeln nicht eingehalten werden.

Über einen Ausschluss aus dem Verein entscheidet der Vorstand. Ein Ausschluss kann bei groben Verstößen gegen die Vereinssatzung erfolgen oder wenn sich das Vereinsmitglied unehrenhaft verhält oder das Ansehen des Vereines öffentlich herabsetzt. Die jeweils aktuelle Satzung des Vereins mit allen Details findest du unter:
https://elternnetzwerk-magersucht.de/verein

Wenn jemand in der Gruppe das Gefühl hat, dass ein Eingreifen notwendig ist, kannst du dich jederzeit an eine:n eurer Moderator:innen wenden.

19. Wenn Du gehen möchtest ✔

Wenn dein Kind völlig gesund ist, verlässt du die Gruppen wieder und wechselst in unsere Ehemaligen-Gruppe oder die "Q&A Am Esstisch"-Gruppe. Die Plätze in den Refeeding-Gruppen sind für Eltern gedacht, die zu Hause aktiv ihre erkrankten Kinder pflegen und begleiten.

Wenn im Laufe unseres gemeinsamen Weges hier im Netzwerk klar wird, dass unser Ansatz mit deinen Wünschen und Erwartungen nicht übereinstimmt, dann bitten wir dich, uns dies ehrlich zu sagen. Ein Weg zurück zu uns steht dir immer frei. Unsere Kapazitäten sind sehr begrenzt und wir möchten gern möglischst vielen  Familien mit dringendem Bedarf helfen.

Sollten Moderator:innen merken, dass unser Ansatz für dich nicht passt, dann werden sie dich auch direkt darauf ansprechen.

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